Geschrieben für den Reader des Weltkongress Ganzheitsmedizin 2018 , von Dr. med. Michael D.F. Schmidt
Es ist das Herz das Gott erfährt, nicht der Verstand. Blaise Pascal
Einleitung
Pascal der Begründer der „Logique du Coeur“ hat schon das Herz als jenes Organ identifiziert, dass für unsere vernetzte ganzheitliche Natur in Abgrenzung zu der analytischen Logik unseres Verstandes steht.[1] Das Herz schafft Einheit und Verbindung. Der Verstand kreiert ein partitioniertes Individuum, abgegrenzt durch ein Egobewusstein in einer „Welt der zehntausend Dinge“[2]
Die heilsame Kraft des Herzens lässt sich von der religiösen Rückbindung an den Ursprung nicht separieren und so verkörpert das Herz auch die ganzheitliche Sicht auf Heilungsprozesse. Es erscheint als leib-seelischer Ort. der mehr als seine Organfunktion, die in sich schon selbst als zentrale Lebensfunktion imponiert, das Ganze, die Fülle des Lebens als Erfahrung repräsentiert.
Auf meinem Heilungsweg und persönlichen Forschungsweg begegnete ich folgerichtig und konsequent der Intelligenz des Herzens. Das Herz als Organ hat mich schon sehr früh in meiner Medizinerausbildung tief berührt: – nämlich als ich bei meiner ersten Assistenz (Prof.Büscherl,Berlin) bei einer Bypass Operation ein lebendiges fibrillierendes, zitterndes Herz im Brustkorb eines Menschen in den Händen halten durfte. Dies blieb ein magischer Moment, der mich sofort trotz all meiner Zweifel an der Schulmedizin tief berührte und ein innerer Ort der Stille und Verbundenheit während all der Jahre der Tätigkeit als Arzt.
Eine weitere Quelle für die Erkenntnis der heilsamen Bedeutung der Herzenergie ist meine durchgängige Erfahrung in über 30 Jahre der Behandlung psychosomatisch kranker Menschen, dass die Hauptursache von Krankheit an Körper und Seele die durch Erziehung und traumatisierende Erfahrung bedingte Trennung von unserem wirklichen Selbst ist. Und gerade in der Arbeit mit psychisch verletzen und traumatisierten Menschen zeigte sich die besondere Bedeutung des Herzens als einem pulsierenden Seismographen für die emotionale Auseinandersetzung mit der Welt.
Marsilio Ficino, Philosoph aus dem 15. Jhd. empfahl jeder soll sich dem Geheimnis seiner eigenen Natur so zuwenden wie die Sonnenblume der Sonne, - also wieder einen natürlichen Zugang zum eigenen Selbst entwickeln. Die Sonne ist das Selbstsymbol in diesem Aphorismus. Sie steht für die Quelle des Lichts, für den göttlichen Vater oder den indianischen Grand Father Sun, in der indischen Vedanta für das wahre Selbst. Unser symbolisches Herz ist dieser von Ficino angesprochenen Sonne stetig zugewandt und in einer intuitiven pulsierenden Verbindung und materialisiertes pulsierendes Symbol unserer Ganzheit und Einheit mit der Quelle. Das Herz steht für das Urvertrauen, das wir uns eingebunden und rückgebunden fühlen dürfen in der Liebe, wie die Blume eingebunden ist in die Hinwendung zur strahlenden Quelle – dem Licht.
Der hier vorgestellte übende Weg zur Wahrnehmung der eigenen Herzintelligenz - der Herzkreis – will einen Zugang zur Kraft des eigenen Herzens, insbesondere für herzbetroffene Menschen, ohne Angst und Retraumatisierung ermöglichen. Sowohl herzbetroffene erkrankte Menschen, wie auch die bei denen der Schmerz der Seele im Vordergrund steht und Angst und depressive Verzweiflung die Bühne der Krankheit bilden, benötigen neben dem im Einzelfall zu spezifizierenden psychotherapeutischen Zugang einem Zugang zum Herzen als einer intuitiven Quelle positivierter Körperwahrnehmung. Dies war unsere Grundmotivation bei dem Kreationsprozess des HerzKreises, einem Zugang zu intuitiver herzbezogener Körperwahrnehmung und inneren Einstimmung auf die Intelligenz des Herzens.
In einem gemeinsamen magischen Prozess mit meinem Freund, Herzensbruder und ärztlichen Kollegen Dr. Alvis Gaußmann ist der HerzKreis entstanden. Der Herzkreis hat sich als ein Bewegungsmodul angewandter Psychosomatik seit nun mehr 14 Jahren in der Praxis mit Menschen, Herzbetroffenen und seelisch Belasteten sehr bewährt. Ein empirischer Evidenznachweis durch eine wissenschaftliche Studie steht noch aus. Die Ausbildung von etwa hundert HerzKreistrainerinnen und das Feedback auf dem Wirkungsfeld hat mich ermutigt Ihnen hier in diesem ganzheitsmedizinischen Kontext den HerzKreis vor zu stellen. An dieser Stelle danke der Organisation des Weltkongresses für die Zusage hier einen Beitrag im Kontext der Ganzheitsmedizin leisten zu dürfen.
[1] Blaise Pascal, Pensees 1670, Gedanke über die Religion und einige andere Gegenstände, Berlin 1840
[2] Shia Fu Feng, Jane English 1984,Tao Te Ching Die zehntausend Dinge als symbolischer Ausdruck für den partitionierten separiert erscheinenden Zustand der Welt, der den Zwei (Tai Chi) und dem Einen (Wu Chi), also dem Einheitsbewusstein mystifizierend gegenübertritt.